Demokratie lebt vom Streit, von der Diskussion um den richtigen Weg. Deshalb gehört zu ihr der Respekt vor der Meinung des anderen.

Richard von Weizsäcker (CDU)

(* 1920)

1984–1994 Bundespräsident

Thüringer Bündnisse, Initiativen und Netzwerke gegen Rechts

Zehn Forderungen aus der Thüringer Zivilgesellschaft für die bevorstehenden Wahlen 2024

Wir sind Aktive aus Bündnissen der Zivilgesellschaft, Jugendverbänden, Vereinen und engagierte Menschen. Wir setzen uns für ein demokratisches, soziales, weltoffenes Thüringen und ein gutes Leben für alle ein.

Und natürlich sind wir antifaschistisch. Wir sehen die Gefahr, dass AfD und andere extrem rechte Parteien erheblichen Einfluss erhalten. Und deshalb fordern wir:

  1. Den Rechtsruck bekämpft man nicht mit Rechtsruck. Mit Sorge beobachten wir besonders in Thüringen, dass auch andere Parteien versuchen, die Themen der AfD aufzunehmen und sich selbst als Hardliner in Stellung zu bringen. Die Erfahrungen der letzten Jahre, auch aus anderen Ländern, haben gezeigt, dass diese Strategie nicht aufgeht, um die extreme Rechte zu schwächen. Anstatt das extrem rechte Weltbild weiter zu festigen, braucht es eine Abkehr vom Rechtspopulismus hin zu einer solidarischen Politik für alle.
  2. Die AfD darf nicht normalisiert werden. Eine echte Abgrenzung zur AfD findet in den Kommunalparlamenten, aber auch im Landtag oft nicht mehr statt. Stattdessen gibt es immer mehr Anträge, insbesondere von CDU und FDP, bei denen Mehrheiten nur mit den Stimmen der AfD zu Stande kommen. Wir fordern alle Parteien auf, nicht weiter zur Normalisierung beizutragen. Es darf keine Abstimmungen mit Mehrheiten durch die AfD geben.
  3. Keine Politik auf Kosten von Geflüchteten. Die Einführung der Bezahlkarten und die Diskussion um die Arbeitspflicht für Geflüchtete zeigen, dass die Debatten darauf angelegt sind, Vorurteile zu bedienen, anstatt abzubauen. Geflüchtete müssen in Thüringen teilweise in menschenunwürdigen Unterkünften leben und sind immer mehr betroffen von rassistischen Übergriffen. Wir sagen klar: Geflüchtete gehören in unsere Gesellschaft. Menschenwürde ist unteilbar.
  4. Reichtum gerecht verteilen. Deutschland ist eines der reichsten Länder der Welt, jedoch ist der Reichtum ungleich und ungerecht verteilt. Der Unmut über tatsächliche Probleme wird in der öffentlichen Debatte jedoch auf die Schwächsten der Gesellschaft gelenkt. Geflüchtete und Bürgergeldempfänger*innen sind nicht verantwortlich für gesellschaftliche Probleme. Damit gesellschaftliche Probleme gelöst werden können, braucht es Investitionen in Wohnraum, Schulen und Infrastruktur genauso wie eine wirksame Bekämpfung von Armut. Umverteilung statt Hetze!
  5. Die Klimakrise ist real. Die Stimmen der Klimaleugner*innen werden, nicht nur in der AfD, immer lauter. Debatten um die Wiedereinführung von Atomkraft oder gegen den Ausbau von Windenergie in Wäldern sind rückwärtsgewandt und tragen nicht zur Lösung von realen Problemen bei. Wir brauchen einen schnelleren Ausbau der erneuerbaren Energien und Alternativen zum individuellen Autoverkehr.
  6. Unterschiedliche Lebensentwürfe anerkennen. Durch den andauernden Kampf der feministischen und queeren Bewegungen wurden über viele Jahre hinweg Freiheiten in Lebensentwürfen erreicht, die jetzt bedroht werden. Statt weiterem Fortschritt droht ein Rückfall in veraltete, starre Rollenbilder. Wir kämpfen weiterhin für Gleichberechtigung und Selbstbestimmung aller und stehen zusammen gegen die Angriffe von AfD und Co.
  7. Demokratie muss verteidigt und gelebt werden. Demokratie ist mehr, als alle paar Jahre an die Wahlurnen zu gehen. Sie lebt vom Engagement aller. Sie findet nicht nur in den Parlamenten statt, sondern auch in der Arbeitswelt mit Betriebs- und Personalräten, bei Tarifverhandlungen aber auch in Schüler*innenvertretungen und in Vereinen. Demokratie muss gestärkt, gestaltet und ausgebaut werden.
  8. Die Zivilgesellschaft muss auch unbequem sein. Die Zivilgesellschaft ist keine Erfüllungsgehilfin der Politik. Sie hat jedes Recht, Politik zu kritisieren.
  9. Demokratische Kultur stärken. Mit Sorge betrachten wir die politische Kultur in Thüringen. Statt der Auseinandersetzung um die Sache wird immer mehr mit den Mitteln der Diffamierung und des persönlichen Angriffs auf Personen gearbeitet. Wir fordern einen respektvollen und konstruktiven Umgang in politischen Debatten.
  10. Freie Medien verteidigen. Die Angriffe auf Journalist*innen haben in den letzten Jahren stark zugenommen. Insbesondere der Öffentlich-rechtliche Rundfunk wird verunglimpft. Angriffe auf die Pressefreiheit sind jedoch nicht zu tolerieren. Medienkritik hingegen muss in einer Demokratie selbstverständlich sein. Journalismus hat Verantwortung und darf nicht den meisten Klicks hinterherjagen und rassistische Vorurteile bedienen. Rechtsradikale Positionen dürfen nicht durch ständige Präsenz in den Medien normalisiert werden.