Demokratie kann man keiner Gesellschaft aufzwingen, sie ist auch kein Geschenk, das man ein für allemal in Besitz nehmen kann. Sie muss täglich erkämpft und verteidigt werden.

Heinz Galinski

(1912–1992)

Vorsitzender des Zentralrates der Juden in Deutschland 1988-1992

Thüringer Bündnisse, Initiativen und Netzwerke gegen Rechts

Pressemitteilung zur Debatte um die Aufnahme einer sogenannten Antifaschismusklausel in die Thüringer Landesverfassung

Am Dienstag findet eine Anhörung im Thüringer Landtag zur Verfassungsänderung statt. Inhalt ist eine Ergänzung der Landesverfassung um eine Klausel gegen Faschismus, Rassismus und Menschenfeindlichkeit und für Menschenrechte, der sogenannten Antifaschismusmusklausel.

Wir, die Engagierten in den Bündnissen gegen Rechtsextremismus, begrüßen es außerordentlich, dass ein solcher Artikel in die Thüringer Landesverfassung aufgenommen werden soll. Das Land Thüringen als NSU-Herkunftsland, Rechtsrockland und mit einer starken AfD muss in seinem Selbstverständnis besonders für die Menschenrechte und gegen etwaige antidemokratische Versuche zur Aushöhlung der Demokratie eintreten. Dies ist der Kern einer wehrhaften Demokratie und ein deutliches Statement gegen alle Versuche, eine rassistische Gesellschaftsordnung zu etablieren und Nationalismus wieder zur Leitideologie politischer Bestrebungen zu erheben. Wir Aktive der Zivilgesellschaft, die in Bündnissen und Netzwerken organisiert sind, fordern seit Jahren ein klares Bekenntnis und Handeln der Landesregierung gegen Rassismus, Antisemitismus und Menschenfeindlichkeit. Die Klausel kann ein erster Schritt zu einem Selbstverständnis sein, welches dann auch durch staatliche Behörden umgesetzt werden sollte.

Wir begrüßen daher den Vorschlag, einen konkreten Zusatz bereits im Artikel 1 der Landesverfassung zu verankern, um die Bedeutung dieser Klausel hervorzuheben. Sie sollte immerhin das werteorientierte Leitbild repräsentieren. Daher ist für uns klar, dass der Vorschlag der CDU, der nicht nur hauptsächlich auf den Schutz des Staates anstatt der Menschen abhebt, sondern quasi versteckt werden soll, nicht akzeptabel ist. Wenn wir eines aus der Geschichte des Rechtsterrorismus in Deutschland gelernt haben, ist es doch, dass es um den Schutz von Menschen gehen sollte und nicht der Erhalt des Staates als erstes Ziel formuliert werden kann. Mit diesem Leitbild wären die Ermittlungsbehörden sowohl beim NSU als auch bei antisemitischem Terror deutlich besser aufgestellt gewesen.

Eine solche Klausel muss an erster Stelle der Verfassung unter Artikel 1 Absatz 3 stehen Die Würde jedes einzelnen Menschen und die Ablehnung deren Gedankengutes und der daraus resultierenden Handlungen sind von fundamentaler Bedeutung für unser Wertesystem. Die Klausel stärkt auch der demokratischen Zivilgesellschaft den Rücken.

Die Klausel kann jedoch nur ein erster Schritt sein. Die Verfassungsänderung muss mit Gesetzen unterfüttert werden, damit das Bekenntnis zu Demokratie und Menschenrechten auch politisch umgesetzt werden kann.

Thüringer Bündnisse, Initiativen und Netzwerke gegen Rechts